Doch der Nahverkehr wird ausgebaut! Und zwar in Düsseldorf. Da baut die Stadt Düsseldorf derzeit die Wehrhahn-Linie. Eine 3,4 km lange Röhre entsteht für täglich 53.000 Fahrgäste. Und das ist es dann auch mit nennenswerten Projekten. Die Stadt Düsseldorf hat nämlich Geld. Sie hatte RWE-Aktien verkauft und bereits unter Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) ihren Haushalt konsolidiert. Daher hat Düsseldorf Geld um den Eigenanteil aufzubringen und Bundesgelder zur Förderung des Ausbaus des Nahverkehrs abzurufen. Wer kein Geld hat, kann keine Fördermittel abrufen, kann den Nahverkehr nicht ausbauen. So ist das!
Der Nahverkehr hat’s schwer. Neue Projekte müssen sich Wirtschaftlichkeitsberechnungen unterwerfen. Und da geht es darum, wie viele Fahrgäste zusätzlich befördert werden können. In ländlicheren Bereichen sieht es da mau aus, auch in der Metropole Ruhr dort, wo zwischen den Städten mal ein Grünzug überbrückt werden muss. Am Besten wird eine neue Linie durch den „Verdichtungsraum“ selber gebaut. Allerdings hat die Metropole Ruhr seit 2005 mehr als 200.000 Einwohner verloren. Die Städte an der Ruhr schrumpfen. Die Auslastung einer neuen Linien droht also über die Jahre geringer zu werden, da – wenn auch mit lokalen Schwankungen – immer weniger Fahrgäste an der Ruhr wohnen. Das stellt ein weiteres Problem neben den allgemeinen Finanzierungsnöten da.
Der Unterschied zwischen beiden Nahverkehrswelten kann an der Diskussion um die Linie U 79 von Duisburg nach Düsseldorf abgelesen werden. Für die Stadt Duisburg wird ein weiterer Rückgang der Einwohner angenommen, für Düsseldorf Zuwachs. Der Unterschied bei den kommunalen Finanzen ist wie dargestellt. In Duisburg fehlt bereits das Geld für Ersatzinvestitionen in die Betriebstechnik der U79, in Düsseldorf kann eine neue Linie gebaut werden. Da wird auch schon mal überlegt, dass die Stadt Düsseldorf die Verantwortung für die gesamte Linie, also auch auf Duisburger Stadtgebiet übernimmt, siehe „U 79 zwischen Duisburg und Düsseldorf steht vor dem Aus“ (08.01.2013).
Fördermittel für Ersatzinvestitionen gefordert
Kleine Tricks haben die Kommunen in den letzten Jahren genutzt. Wenn die Eingänge und Rolltreppen saniert werden mussten, dann musste investiert werden. Fördergelder gibt es nur für Neuinvestitionen, nicht für Betriebskosten oder Erhaltungsinvestitionen. Auf das Etikett kommt es an! Die Herstellung von Barrierefreiheit dient nicht nur dem etikettierten Ziel, sondern die größer ausfallenden Maßnahmen sanierten ganze Eingangsbereiche von Stationen. Auf solche Chancen muss lange gewartet werden. Die Stadt Bochum hat jüngst Dächer über ihren bisher offenen Stadtbahnstationen errichtet. Vor einigen Jahren hatte die Stadt nur einen Nothaushalt und konnte den Eigenanteil nicht aufbringen, Jahre später ging es dann. Längst hatte sich jedoch der Gestaltungswunsch der Anrainer, zum Beispiel im Kneipenviertel Bermuda-Dreieck geändert. Wie sich auch die Betreiber vieler Gaststätten im Berumda-Dreieck in mehr als 10 Jahren verändert hat. Die Rolltreppen werden jetzt von Dächern geschützt, sie sollen dadurch länger halten.
Längst existiert die politische Forderung, dass Fördermittel auch für Erhaltungsinvestitionen zur Verfügung stehen müssen. Dann reduziert sich das Finanzierungsproblem für klamme Kommunen auf den Eigenanteil.
Inflation lässt Fördermittel für Bau und Betrieb schrumpfen
Nicht vergessen werden sollte, dass die Inflationsrate die Zuschüsse an den Nahverkehr auffrisst. Die Gelder aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) sind nach der Förderalismusreform nur begrenzt verfügbar. Seit Jahren sind das für NRW konstant 130 Mio. €, zum Beispiel für die Wehrhahnlinie. Eine dauerhafte Nachfolgeregelung zwischen Bund und Ländern steht aus (Entflechtungsgesetz). Auch die sogenannten Regionalisierungsmittel sind effektiv geschrumpft.
Energiewende frisst Subventionen des Nahverkehrs
Weiter gebeutelt wird der Nahverkehr durch die Energiewende, siehe auch „Energiewende frisst Nahverkehr„. Die Betreiber von Stadtbahnen – Straßen- und U-Bahnen – sind befreit von der EEG-Umlage. Fällt die Befreiung durch den Bund weg, dann werden die Mehrkosten zu höheren Defiziten führen. Diese tragen dann die eh klammen Städte zusätzlich. Das ist nicht gerade nahverkehrsfreundlich, aber derzeit nicht die größte Gefahr. Laut Steuergesetzgebung des Bundes dürfen Gewinne im Energiebereich mit Verlusten im Nahverkehr verrechnet werden, ohne dass Steuern für die Gewinne anfallen. Einige Städte betreiben daher den Nahverkehr im Rahmen ihrer Stadtwerke, so Dortmund, andere haben eine Besitzgesellschaft, die die Anteile am lokalen Nahverkehrsunternehmen und an den Energieunternehmen halten. Bochum und Essen machen das so. Mit den Stadtwerken und den Rheinischen Elektrizitäswerken (RWE) gibt es ein Problem: Die Gewinne sprudeln nicht mehr wie früher. Bereits 2012 hieß es in Duisburg: „Stadtwerke-Gewinn bricht ein“ (13.06.2012). Nach Milliardenverlusten bei RWE titelt Spiegel online heute: ‚RWE-Chef sieht niedrigere Gewinne als „neue Normalität“‚ (16.04.2014)
Das neue Marktdesign der Bundesregierung, das laut Koalitionsvertrag bis Ostern vorliegen sollte, drängt auch mit Rücksicht auf die kommunalen Finanzen. Daran hängt die Frage, ob die Energiekonzerne noch Gewinne machen und das den Nahverkehr stützt – Garzweiler?
Im Frankreich sieht’s anders aus. Zwar ist die Bevölkerungsdichte im Schnitt nicht einmal halb so groß wie in Deutschland, aber sie konzentriert sich in einigen wenigen Gebieten. Jeder Fünfte Franzose lebt im Großraum Paris, die Bevölkerung wächst. Da lohnt sich ein Ausbau mehr, wie ich neulich einer Fachzeitschrift als Unterschied der Rahmenbedingungen entnahm.
Und der findet statt. Das Bild zum Beitrag zeigt eine neue Straßenbahnlinie, die 2013 in Tours den Betrieb aufnahm. Sie führt mitten durch die Stadt. Vorher gab es keine Linie. Und mit den „Plan Grand Paris“ werden Projekte zur Verbesserung des Nahverkehrs im Großraum Paris angegangen.
In Nordrhein-Westfalen sieht die Situation anders aus. Bei schrumpfender Bevölkerung und sinkender Förderung können Nahverkehrsangebote in dünner besiedelten Regionen, zum Beispiel den flächenmäßig großen Kreisen und dem Ruhrtal, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung wird dem Erhalt von Strecken im Ballungsraum unter Kosten- und Klimaschutzsaspekten den Vorrang geben. Allerdings ist das im „ländlichen Raum“ politisch nicht vermittelbar.
Eine Antwort darauf sind Bürgerbusse mit ehrenamtlichen Fahrern.
Hoffen auf RRX
Weniger Gelder, fehlende Eigenanteile, geringer Bevölkerungszahlen. Was tun in der Metropole Ruhr? Hoffen auf die Realisierung eines Großprojektes, das die Rahmenbedingungen vollständig verändert. Das soll der Rhein-Ruhr-Express werden. Seine Realisierung soll 31.000 Autofahrer bewegen auf die Bahn umzusteigen – täglich. Das ist eine Entlastung für die parallel verlaufenden Autobahnen A 40, A 42 und A 2. Der Ausbau dieser Stammstrecke durch die Metropole Ruhr wird nachfolgend Druck auf das übrige Nahverkehrssystem ausüben.Die lokalen Netze werden stärker ausgelastet werden, ggf. neue Nachfragen erzeugen. Ohne diesen Druck, wird nichts passieren.
Pingback: U 81 in Düsseldorf: Wer hat, dem wird gegeben » Schmidt's Katze
Nobby Brinks
1. Juli 2014 at 11:00
Im “ländlichen Raum”, am linken Niederrhein, im bergischen Unterland, zwischen Witten und Ennepetal, im Kreis Unna kann der ÖPNV nicht in der Form aufrechterhalten werden. In anderen Bereichen, vor allen bei der Rhein-Ruhr-SBahn wird nicht ausgebaut. Wesel hat immer noch keine SBahn. Zwischen der S3 und der S9 kann nicht umgestiegen werden.
Doch den RVR stört das wenig. Der RVR macht immer noch auf eine Metropole Ruhr mit den Städten Alpen, Sonsbeck, Haltern und Selm.