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Bochum

Lohnt sich das Kohlekraftwerk Datteln IV noch?

Veilleicht wäre es E.ON gar nicht so unrecht, wenn der Kraftwerksbau jetzt scheitert. Das ist eine Frage für Wirtschaftswissneschaftler, Kaufleute und Juristen. Wer haftet in welchem Umfang, wenn Datteln IV nicht in Betrieb gehen darf und zurückgebaut werden muss? Für die Umwelt wäre es besser, wenn andere Kraftwerke vom Netz gehen würden. Aber wer finanziert den Verlust aus einer Stilllegung? Hier könnte die Sache haftungsrechtlich kompliziert, aber nicht unlösbar sein. E.ON wird den Bau versichert haben. Fraglich ist, was in den Versicherungspolicen steht.

Die Idee vom fertigen Kraftwerk Datteln IV, einst geplant für 2011.

Ende April geht das Genehmigungsverfahren für das Kohlekraftwerk Datteln IV in die nächste Phase. Die Regionalplanungsbehörde des Regionalverbands Ruhr (RVR) wird im Mai den Mitgliedern des zuerst beratenden Planungsausschusses umfangreiche Unterlagen zur Verfügung stellen. Anfang Juli wird dann das „Ruhrparlament“, die Verbandsversammlung des RVR, darüber entscheiden. Es geht nicht nur um die Genehmigung selber, sondern auch darum, ob im Rahmen eines sogenannten Zielabweichungsverfahrens die in der NRW-Staatskanzlei bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) angesiedelte Landesplanungsbehörde entscheiden muss. Darauf läuft es hinaus, denn im rot-grünen Koalitionsvertrag ist vorgesehen, das im Falle einer Genehmigung eh die Landesregierung alles noch einmal vollständig prüft. Das sag mir einer, dass die Politik nicht zu Datteln IV entscheidet, wenn sie für bestimmte Entscheidungen zusätzliche Hürden errichte. (vgl.“Rot-Grüne Willkür: Zusätzliches Verfahren für Datteln IV“ vom 13.06.2012)

Die Idee vom fertigen Kraftwerk Datteln IV, einst geplant für 2011.

Die Idee vom fertigen Kraftwerk Datteln IV, einst geplant für 2011.

Derweil dümpelt der noch nicht fertige Bau in Datteln am Kanal vor sich hin. Es ist mehr als ein Rohbau. E.ON hat dort alles fertiggestellt, soweit mit den erteilten Genehmigungen vertretbar war. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Konzern eine vollständige Genehmigung hatte. Nicht diese wurde ungültig, sondern mehr indirekt, weil die Genehmigungsgrundlagen während des Baus entfielen. Das warf Fragen nach einem Bestandsschutz auf. Denn da war ja faktisch mit einer gültigen Genehmigung bebaut worden. Insofern ist das Wort „Schwarzbau“, das die Grünen in Datteln vor Ort benutzen, rein populistischer Natur. Beim RVR ist mit diese Vokabel noch nicht stärker aufgefallen. Zurzeit passiert nicht viel. Die Politiker warten auf die Unterlagen, die die Verwaltung erarbeitet, und seitens E.ON wird ein nicht fertiger Kraftwerksbau unterhalten, der nur Kosten verursacht.

Wird Datteln IV noch Gewinne erzielen können?

Die Kalkulation des Kohlekraftwerks Datteln IV ging von einem anderen Zeitplan aus. Europas leistungsfähigster Kraftwerksblock hätte im Jahr 2011 mit der Stromproduktion beginnen sollen. Bisher werden dort nur Kosten produziert. Unter Effizienzgesichtspunkten ist das neue Kraftwerk super: Es löst ältere Kraftwerke ab, so die Blöcke Datteln I und III. Es produziert weniger Emissionen. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung führt zu einer höheren Energieeffizienz. Kurz: Aus der gleichen Menge Kohle kann mehr Energie gewonnen werden. Das Kraftwerk wird ältere Kraftwerke vom Markt verdrängen. Allerdings hat sich inzwischen der Markt für Kohlestrom deutlich verändert – Stichwort Energiewende. So ist inzwischen fraglich geworden, ob mit Kohlestrom überhaupt Geld verdient werden kann. Er wird weiter benötigt, aber derzeit gibt es soviel, dass der Preis an der Leipziger Strombörse sehr tief ist. Denn das ist das Paradox der Energiewende: Die Strompreise für Endverbraucher steigen, da sie auch die Kosten für den bevorzugt eingespeisten Strom aus regenerativen Quellen bezahlen. Für den nachrangig erzeugten Strom aus herkömmlichen Quellen – also hier der Kohle – besteht ein Überangebot und daher ist der Preis derzeit „im Keller“.

Exkurs: Eine Lehre aus dem Verlustprojekt Trianel-Kraftwerk Lünen?

Klar erkennbar: Kraftwerk der Stadtwerke Dessau.

Klar erkennbar: Kraftwerk der Stadtwerke Dessau.

Strukturen, wem was gehört, sind nicht immer einfach erkennbar. Eine Beteiligungsgesellschaft der Stadtwerke Flensburg ist neulich insolvent geworden: Trianel-Beteiligung führt in Flensburg zu Pleite“ (WAZ Lünen 03.01.2013). Das Flensburger Tageblatt bezeichnete dies für „kommunale Firmentöchter“ zurecht als ungewöhnlich. Diese Pleite wird nicht allzu unangenehm für die Stadt Flensburg und ihre Stadtwerke gewesen sein. Die Gesellschaft hätte sich mit Geld retten lassen. Doch warum hätte der Gesellschafter hier weiter Geld verbrennen sollen? Über diese Flensburger Förde Energiegesellschaft war er am Trianel-Kraftwerk in Lünenf beteiligt. Bei der Errichtung des Kraftwerks mit knapp 30 Partnern aus der kommunalen Energieversorgung, (siehe Liste auf der Internetseite der Stadtwerke Bochum) war mit Anfangsverlusten gerechnet worden. Die Inbetriebnahme hat sich auch dort verzögert. Ein Gewinn wird von einige Optimisten noch innerhalb der 20 Jahre Betriebszeit erwartet, bis das Kraftwerk vollständig an RWE fällt – siehe Ruhrnachrichten Witten und Handelsblatt im März 2013: „Ein Kohlekraftwerk macht wenig Freude“. Andere zweifeln, ob die Kosten je erzeugter Kilowattstunde Strom dauerhaft oberhalb des erzielbaren Erlöses liegen können. Die Stadtwerke Flensburg haben eine Gesellschaft und das dort eingesetzte Kapital verloren. Damit ist aber auch das Risiko der Kraftwerksbeteiligung an Trianel in Lünen beendet. Andere Stadtwerke sind nicht mittelbar über Gesellschaften, sondern direkt am Lünener Kohlekraftwerk beteiligt. Eine „geplante“ (=unzulässige) Insolvenz bietet sich hier nicht an. In einer Vorlage der Stadt Bochum zum Wirtschaftsplan der Stadtwerke Bochum GmbH bzw. der Energie und Wasser Mittleres Ruhrgebiet (emwr) liest sich das so:

Der sonstige betriebliche Aufwand enthält in 2011 eine Zuführung zur Rückstellung für steuerliche Risiken aus Betriebsprüfung, sowie in 2011 und 2012 jeweils eine Zuführung zur Drohverlustrückstellung für die Beteiligung am Trianel Kohlekraftwerk Lünen (TKL).
[…] Zum Ausgleich der Aufwendungen aus der Dotierung der Drohverlustrückstellungen für Verluste aus dem Projekt Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG (TKL) auf Ebene der ewmr entnimmt die HVV [=Bochumer „Holding für Versorgung und Verkehr“] 6,0 Mio. € in 2012 und 2,0 Mio. € in 2013 aus der Gewinnrücklage.

Diese auch durch die Energiewende beeinflussten Verluste reduzieren das Potential zur Subventionierung des Nahverkehrs, siehe Energiewende frisst Nahverkehr – Dominoeffekt bei kommunalen Subventionen vom 18.10.2012.

Versicherungsfall Datteln IV?

Veilleicht wäre es E.ON gar nicht so unrecht, wenn der Kraftwerksbau jetzt scheitert. Das ist eine Frage für Wirtschaftswissneschaftler, Kaufleute und Juristen. Wer haftet in welchem Umfang, wenn Datteln IV nicht in Betrieb gehen darf und zurückgebaut werden muss? Für die Umwelt wäre es besser, wenn andere Kraftwerke vom Netz gehen würden. Aber wer finanziert den Verlust aus einer Stilllegung? Hier könnte die Sache haftungsrechtlich kompliziert, aber nicht unlösbar sein. E.ON wird den Bau versichert haben. Fraglich ist, was in den Versicherungspolicen steht. Es wird viel geredet, aber nur wenige haben Wissen.

Politisch sieht die Baustelle jedoch anders aus. Es wird gemunkelt, dass SPD und Grüne in der Landesregierung um NewPark und Datteln IV zocken. Datteln IV solle demnach gebaut werden, der NewPark nicht. Ersatzweise stünden – so die Idee – Gewerbe- und Industrieflächen am Standort der Opel-Werke in Bochum zur Verfügung. Die dies verfolgen, gehen schon länger – berechtigt – von einer Schließung des Opel-Standorts Bochum aus.
Wenn Datteln IV scheitert, wäre das ein schlechtes Signal für Investoren in NRW.

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