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Rot-Grüne Willkür: Zusätzliches Verfahren für Datteln IV

Die Veröffentlichung des vollständigen Textes des neuen Koalitionsvertrags von Rot-Grün in NRW brachte es ans Licht: Die neue Landesregierung will die Entscheidung über die Genehmigung des (Weiter-)Baus des effizienteren Steinkohlekraftwerks Datteln IV in jedem Fall an sich ziehen. Es wird zwar weiterhin beteuert, dass sie „Projekte nicht in laufenden Verfahren durch Landesrecht schlechter“ stellen will, führt aber gleichzeitig eine weitere Verfahrensinstanz zur Genehmigung ein. Diese neue Instanz sorgt auch dafür, dass in jedem Fall die Landesplanungsbehörde und somit die rot-grüne Landesregierung entscheiden wird. Es wird noch länger dauern.

Zurzeit prüft der Regionalverband Ruhr (RVR) als zuständige Regionalplanungsbehörde eingegangene Stellungnahmen im Rahmen des notwendigen Verfahrens zur Änderung des Regionalplans (siehe RVR-Beschlüsse vom 13.12.2010 und aktuellen Sachbericht mit Zeitschiene), in den sich später dann der Bebauungsplan der Stadt Datteln einfügen muss. Dann könnte es weitergehen mit dem Bau. Das Vorgehen dazu hat sich der RVR sogar noch mit einem zusätzlich beauftragten Rechtsgutachten (Kment) absichern lassen. Demnach gibt es für den Verfahrensausgang nach Auswertung und Bewertung aller Stellungnahmen folgende Möglichkeiten:

  • Der RVR kommt zu dem Schluss, dass eine Genehmigung versagt werden muss. Das wäre ein aufgrund der dann ausgewerteten Stellungnahmen möglicher, aber mit Blick auf den Beschluss im Dezember 2010 unwahrscheinlicher Ausgang. Eher würde ich Modifikationen erwarten.
  • Der RVR kommt zu dem Schluss, dass eine Genehmigung erteilt werden kann. Für diesen Fall, so der neue Koalitionsvertrag von Rot-Grün, will die Landesregierung selber aktiv werden.
  • Der RVR kommt zu dem Schluss, dass eine Genehmigung erteilt werden kann, wenn ein bei der Landesregierung (über die Landesplanungsbehörde, zurzeit in der Staatskanzlei der Ministerpräsidentin) beantragtes Zielabweichungsverfahren zum Landesentwicklungsplan (LEP) erfolgreich verläuft. Von dem erfolgreichen Ausgang eines solchen Verfahrens ist die Regionalplanungsbehörde RVR überzeugt. Auf jeden Fall hätte die Landesregierung die Finger im Spiel.
  • Mit gleichen Folgen kann der RVR auch zu dem Schluss kommen, dass dieses Zielabweichungsverfahren nicht erforderlich sei, aber es „vorsorglich“ veranlasst werden sollte. Dr. Martin Kment schrieb in einem Gutachten für den RVR dazu: Die Vorlage der Verwaltung […] weicht nicht von den Zielen der Landesplanung ab. Gleichwohl ist ein Zielabweichungsverfahren mit Blick auf das OVG Urteil vorsorglich zu beantragen und kann erfolgreich durchgeführt werden.“
  • Ich schätze die Situation daher so ein, dass es am Ende zu einem Zielabweichungsverfahren kommen wird. Das klärt ggf., wer am Ende den Schwarzen Peter hat, nämlich derjenige der die Landesplanungsbehörde bei sich hat oder das Landeskabinett mit einer Mehrheitsentscheidung. Am Ende muss das auch noch gerichtsfest sein. Inzwischen wird das Verfahren zur Regionalplanänderung soweit gediehen sein, dass daran kein Weg mehr vorbei führt. Allenfalls eine Genehmigung seitens des RVR würde die Probleme bei Rot-Grün, der Koalition im RVR, belassen. Nur, was sollen die machen, wenn der Behördenteil des RVR als Regionalplanungsbehörde zum Schluss kommt, alles ist in Ordnung. Ein anderslautender Beschluss der rot-grünen Koalition im RVR wäre nicht zu vermitteln, zumindest nicht dem gewerkschaftlichen der SPD und den Juristen des EON-Konzerns. Also wappne man sich für ein Verfahren bei der Landesregierung.

    Feilschen mit EON über Kraftswerksbau

    Das Schlupfloch der Genehmigung ohne Folgen will die rot-grüne Koalition schließen. Irgendwie ohne Not, wenn doch eh ein Zielabweichungsverfahren herauskommen soll. Hier scheint auf Nummer ’sicher‘ gegangen worden zu sein. Außerdem lässt sich so nach außen ein Erfolg vermelden: Der Bau wurde EON noch weiter erschwert. Gleichzeitig wurde die Regionalplanungsbehörde des RVR bevormundet, denn der rot-grüne Koalitionsvertrag sieht für den Fall einer Genehmigung des Kraftwerkstandorts (der Darstellung im Regionalplan mit oder ohne Zielabweichungsverfahren) eine „Rechtsprüfung“ durch die Landesregierung vor. Das wird auch das Feilschen erleichtern, falls die Landesregierung mit EON einen raumordnerischen Vertrag schließen will. So etwas ließe sich auch besser politisch als Kompromiss verkaufen, wenn für die Genehmigung von EON noch etwas raus geholt würde. Schließe Du noch ein Kraftwerk, dann genehmigen wir. (siehe hierzu „Feilschen um Datteln I, II, III, IV und mehr“ vom 22.11.2010) Auf dem Weg dahin sichert die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, dass der erpresste Verhandlungspartner nicht ausbüxen kann.

    In der nachstehenden Grafik ist der zusätzliche Verfahrenschritt gelb dargestellt, der bei einer positiven Entscheidung des RVR greifen würde. Fraglich ist, was bei einem negativen Prüfungsergebnis der Landesregierung passieren würde.

    Entscheidungsdiagramm zur Genehmigung des Kohlekraftwerks Datteln IV

    Zusätzliches Instanz im Genehmigungsverfahren für Datteln IV

    Mit all dem habe ich ein Problem. Hatten wir nicht mit Artikel 3 des Grundgesetzes einen Gleichheitsgrundsatz, der nicht nur für Personen, sondern – wenn auch bzgl. der Verhältnismäßigkeit leicht abgeschwächt – für Personengruppen gilt? Die rot-grüne Koalition erklärt für ihre zu bildende Landesregierung, dass sie für den Fall, dass EON für dieses spezielle Projekt eine Genehmigung erhalten kann, dann noch einmal prüfen will, ob das alles zulässig ist. Was soll das werden? Ein lex specialis nur für ein Projekt eines Energieerzeugers? Eine Ungleichbehandlung durch eine Behörde, ja Behördenwillkür? Das passt nicht zur Erklärung, dass die Landesregierung sich nicht ins Landesrecht laufender Projekte einmischen wolle. Hier der Wortlaut des Abschnitts (Hervorhebung durch den Autor):

    Die Landesregierung selbst baut keine neuen Kraftwerke und reißt auch keine begonnenen Projekte ab. Sie wird deshalb den Vertrauensschutz dahingehend gewährleisten, dass Projekte nicht in laufenden Verfahren durch Landesrecht schlechter gestellt werden als zum Zeitpunkt der Antragstellung. Die Landesregierung wird aber auch den Vertrauensschutz für Anliegerinnen und Anlieger nicht verschlechtern und schon deshalb Landesrecht zu Gunsten begonnener Projekte nicht verbiegen.

    Sofern der RVR eine Regionalplandarstellung des Kraftwerksstandorts Datteln beschließt, ist durch die Landesregierung eine Rechtsprüfung durchzuführen. Das Ergebnis einer solchen Prüfung kann nicht vorweg genommen werden.

    Der Widerspruch zum Anspruch im ersten Abschnitt zur Realisierung im zweiten Abschnitt ist offensichtlich. Datteln IV muss die Rechtsprüfungen beim RVR und bei der Landesregierung bestehen. Vielleicht traut die Landesregierug auch einfach ihrer Behörde beim RVR nicht. Aber das wäre ein anderes Problem.

    Was heißt das jetzt?

    Die Zeitschiene für die Genehmigung des Steinkohlekraftwerks Datten IV sieht ür den Beginn der Verfahren durch die Landesregierung Anfang 2013 vor. Für diese Verfahren gibt es auch keine zeitlichen Vorgaben. Das wird noch etwas länger dauern. Optimistisch schätze ich, dass es vielleicht 2014 werden könnte, bis Datteln IV Strom produzieren könnte. Um das Gesicht der Grünen zu wahren, sind bis dahin die Klimaschutzpläne vielleicht weiter gediehen, die den Rahmen des Klimaschutzgesetzes mit Inhalt füllen sollen.

    Es dauert also wieder länger. Länger dauern, bis nach den Genehmigungen für Datteln IV gerichtliche Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen beginnen werden.

    P.S.: Man kann das auch einfacher darstellen: Am Ende, vor der Darstellung im Regionalplan, ist immer die Landesregierung beteiligt. Das trifft aber nicht den Unterschied zum status quo ante.

2 Comments

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