Die weitere Inanspruchnahme unverbrauchter Flächen zu begrenzen, ist Ziel in
Deutschland geworden. In Nordrhein-Westfalen heißt das „Allianz für die Fläche“ und wurde bereits 2006 initiiert – also unter der damaligen CDU-geführten Landesregierung. Ziel ist es in NRW den Flächenverbrauch auf täglich 5 Hektar (!) zu halbieren. Das bedeutet, dass brachliegende Flächen zuerst entwickelt werden müssen. Leerstände, abgeräumte ehemalige Industrieflächen, leerstehende Gewerbehallen – all das muss zunächst einmal entwickelt werden, bevor Freiflächen neu herangezogen werden. Das ist dann Versiegelung von Boden. Das Aktivieren von Flächen im Bestand ist jedoch wesentlich schwieriger, als das Ausweisen neuer Gewerbegebiete. Altflächen müssen ggf. aufgearbeitet werden, Eigentümerstrukturen sind zu klären. Das ist alles viel konflikträchtiger als die bisherige Praxis der Neuausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten.
In diese Entwicklung fügt sich der Entwurf des neuen LEPs NRW (S. 33) ein und beschreibt zudem die Aufgabe der Kommunen:
Die Mobilisierung von Bauflächen obliegt den Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Hierzu stehen den Gemeinden die entsprechenden Instrumente des BauGB zur Verfügung. Die städtebauliche Innenentwicklung dient nicht nur dem Flächensparen, der Verkehrsvermeidung und der siedlungsräumlichen Nutzungs- und Gestaltqualität, sie ist auch hinsichtlich der Betriebs- und Unterhaltungskosten insbesondere der technischen Infrastruktur für die Gemeinden in der Regel kostengünstiger als die Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich. In der Summe dient die Innenentwicklung der Siedlungsbereiche der Erhaltung eines großräumig übergreifenden Freiraumverbundsystems und ist insofern von überörtlicher Bedeutung.
Ergänzend weise ich noch auf den demografischen Wandel hin, der spätestens ab 2025 in allen Landesteilen zu sinkenden Bevölkerungszahlen führt. Deinvestitionen – also der Abriss von Infrastruktur – sind kaum möglich.
Es ist sinnvoll, auf später (oder auch jetzt schon) nicht mehr unterhaltbare Einrichtungen zu verzichten.
Die Kommune als Makler
Die Aufgabe der Kommunen und ihrer Wirtschafsförder wird sich damit noch stärker hin zu der eines Maklers verschieben. Es gilt Brachen und Leerstände zu identifizieren. Die sind nicht immer gleich wie ein leeres Ladenlokal zu erkennen. Es kann sich auch um die Rasenfläche auf einem Fabrikgelände handeln. Die Stadt Hattingen – wurde mir erzählt – soll auch mal anklingeln, ob eine Restfläche wirklich benötigt werde oder für eine weitere Nutzung zur Verfügung stehe. Auch wenn ihr die Fläche nicht gehört. Die Kommunen haben bei der Identifizierung von Flächen und ihrer Mobilisierung den Vorteil des kurzen Weges: Als Behörde sind sie regelmäßig daran zu beteiligen, wenn es zu Nutzungsänderungen kommen soll. So kann vorab schnell erfragt, was denn auf einer Brache alles möglich sein könne. Zunächst ist es aber bereits von Vorteil, dass die Kommunen Register haben, was den so alles vorhanden ist.
Wo die Richtung hin gehen kann und dass das ein regionales Thema ist, zeigt der Atlas der Gewerbe- und Industrieflächen der Metropole Ruhr (ruhrAGIS). Leider kann man da nicht so einfach reingucken. Da sollen aber auch Potentialflächen als optionale Angebote enthalten sein, von denen kommunale Gremien teilweise noch nichts gehört haben. Wenn’s konkret wird, wird’s halt konfliktträchtig.
Probleme mit Wirtschaftsförderern und -politikern
Natürlich ist ein Neubau mit einer 10-jährigen Gewährleistungsgarantie für jeden Eigenheimbesitzer angenehmer, als sich mit den Hinterlassenschaften seiner Vorgänger zu befassen. Die Adam Opel AG wurde vor Jahrzehnten auf ehemalige Zechengelände nach Bochum geholt unter der Voraussetzung, dass die Stadt Risiken und Kosten aus der vorherigen Nutzung übernahm – Altlasten und Bergschäden. Sowas ist nicht einfach, aber auch nur vor Ort in jedem Einzelfall zu regeln. BauGB und LEP können nur einen Rahmen setzen. Die Verwaltungen werden laufen müssen. Wo sie’s nicht tun, wird die wirtschaftliche Entwicklung hintere die Laufenden zurückfallen. Sie werden als Erste dann nach neuen Flächen zur Versiegelung schreien, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Heute las ich einen Bericht zur Positionierung des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion NRW, Hendrik Wüst MdL. Da finden sich alle Argumente gegen diese Politik:
- Das Aufarbeiten alter Flächen könne schon mal 200 Euro je Qudarateter kosten,
- Unternehmen würden eher in anderen Bundesländern investieren und
- Flächenmonitoring – also die maklerische Tätigkeit – sei nicht Aufgabe der Kommunen.
In allen drei Punkten widerspreche ich ihm. Ich fühle mich jedoch in guter Gesellschaft mit Teilen der CDU wie der CDU Ruhr, die der Brachflächenentwicklung Vorrang einräumt, denn schließlich gibt es viele Zechen- und Industriebrachen an der Ruhr. Ein Standortvorteil gegenüber dem – bisher und weiterhin – landwirtschaftlich genutzten Raum? Ich denke schon, aber nur wenn die Chancen auch genutzt werden. Da wird es auch einen Wettbewerb um günstigere Flächen und Maßnahmen geben.
Ziele der Begrenzung des Flächenverbrauchs gelten im Übrigen auch in anderen Bundesländern, wie auch das BauGB. Die Gefahr, dass gewerbliche Makler arbeitos werden, sehe ich nicht.
Beispiel: Gewerbegebiet „Am Stork“ in Wetter (Ruhr)
Am 22. September 2013 findet zeitgleich mit der Wahl zum Deutschen Bundestag die Wahl eines neuen Bürgermeisters statt. Ich (der Autor) bin einer von drei Kandidaten für dieses Amt. Also gehe ich mal ins Konkrete und zwar in Wetter (Ruhr) und weiche nicht auf andere Beispiel aus. In Wetter wurde jüngst und umstritten das neue Gewerbegebiet „Am Stork“ ausgewiesen. Die CDU stimmte im Rat gegen diese Ausweisung, weil es sich ihrer Meinung nach nicht rechne und die Darlegung der Verwaltung dazu nicht schlüssig war. Die Grünen sind gegen eine Umwandlung landschaftlich geschützer Flächen, von Freiflächen, wie sie jetzt nach BauGB noch weniger möglich sind. Und die Diskussion zeigt auch, dass es diesem Gewerbegebiet an der verkehrlichen, infrastrukturellen Anbindung fehlt.
Fahre ich durch die Stadt, dann sehe ich aber Leerstände. Damit meine ich nicht nur die zahlreichen leer stehenden Geschäftsräume im Zentrum von Alt-Wetter, sondern verweise auf Aushänge wie „Gewerbehalle zu vermieten“. Die Stadt verfügt über genügend Potential. Traurig ist die Nachricht, dass weitere Arbeitsplätze in der örtlichen Industrie abgebaut werden. Selbst wenn der Standort erhalten bleibt, werden hier nicht zukünftig weniger Flächen benötigt. Zwei Beispiel, wo sich etwas finden lässt, wo auch die Infrastruktur bereits vorhanden ist. Das einzig gute an der erfolgten Ausweisung des Gebietes „Am Stork“ ist, dass nach den Regeln des neuen LEP die Flächen gegen andere, besser geeignete, getauscht werden könnten. Ein rein verwaltungsseitiger Akt.
Der Markt für gewerbliche Immobilien wird sich verändern. Die Rolle der Kommunen wird wichtiger werden, sie werden Makler. Und Makler sind im Verbund mit anderen und somit einem größeren Angebot besser. Das Bedeutung der Mischung von Angebotsmarkt und Nachfragemarkt bei gewerblichen Immobilien wird eine andere werden. Von einer Planwirtschaft mit Zuweisung von Flächen sind wird jedoch weit entfernt. Natur- und Umweltschutz ist halt nicht kostenlos zu bekommen. Hier macht es aber auch volkswirtschaftlich Sinn, Betriebe nicht von Fläche zu Fläche ziehen zu lassen.