„Ziel 2„, „Ziel 2-Region“ oder „Ziel 2-Mittel„, das ist ein Begriff, bei dem Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter mittlerer und größerer Kommunen bzw. Kommunalverbände aufhorchen. Dahinter verbirgt sich Geld, viel Geld aus den Töpfen der Europäischen Union. Gelingt es, ein Projekt im Rahmen von meist Landesprogrammen, die mit EU-Geld gespeist werden, gefördert zu bekommen, dann ist das ein großer Erfolg vor Ort. Das gilt insbesondere für klamme Kommunen und Pleitestädte, die nur noch mit fremdem Geld Projekte zum Beispiel der Stadtentwicklung und städtebaulichen Sanierung vorantreiben können.
Historie eines Begriffs
Der Begriff „Ziel 2“ stammt aus den Verwaltungsvorschriften der Europäischen Union. In der Förderperiode 2000-2006 wurden im Rahmen des Europäisch Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Regionen definiert, in die Gelder vordringlich investiert wurden, um eine Konvergenz zu erreichen. Dieses „Ziel 1“ diente einer Angleichung der Lebensverhältnisse und damit der Wirtschaftskraft dieser Regionen. Alle übrigen Regionen konnten aus dem EFRE Gelder nur nach „Ziel 2“
beziehen, wobei es für Übergangsregionen Übergangsregelungen gab. Die nach „Ziel 2“ geförderten Projekte sollten vor allem der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung dienen und sich grundsätzlich auf die Themen Innovation und Wissensgesellschaft, Umwelt- und Risikoprävention sowie Verkehr und Telekommunikation ausrichten.
Die Änderungen am Ziel „Regionaler Wettbewerbsfähigkeit“ zwischen den Förderperioden 2000-2006 und 2007-2013 waren marginal. Der Begriff „Ziel 2“ hielt sich nicht in den Vorschriften, aber er blieb im Jargon von
Verwaltung und Politik – zumindest im Umfeld des Autors in NRW – erhalten. Das hat auch etwas mit der großen Bedeutung dieser Ziel 2-Mittel für Kommunen, insbesondere die der Metropole Ruhr zu tun.
Umwidmung
Und da der Begriff so erfolgreich war, bedient sich auch das Politikmarketing in NRW weiter seiner. Allerdings erfährt der Begriff eine inhaltliche Wandlung, die deutlich stärker ist als zwischen den Förderperioden 2000-2006
und 2007-2013. Seitens der NRW-Landesregierung wurden im Februar 2012 die Eckpunkte des Operationellen Programms EFRE 2014-2002 für Wachstum und Beschäftigung vorgeben. Darin werden die drei Hauptziele der Programmgestaltung im Rahmen der im Entwurf vorliegenden europäischen Vorgaben benannt. Auf sie werden 80% der Gelder aus dem EFRE entfallen. Das werden immerhin 80 % von 5 bis 6 Milliarden Euro sein. Die übrigen 20 % stehen für Nebenziele zur Verfügung. Diese insgesamt sechs Ziele wurden als „Ziel 1“ bis „Ziel 2“ durchnummert. Und Ziel 2 lautet dort „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU„. KMU steht für kleine und mittlere Unternehmen. Der im Marketing etablierte Begriff „Ziel 2“ zur Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit bleibt zumindest in diesen Regionen zur „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ mittelständischer Unternehmen bestehen. Für einen Teilbereich der
Fonds-Geschichte wird daher politische Kontinuität suggiert. Das finde ich genial. Dabei handelt es sich gerade um einen Anwendungsbereich, der sich zwar auch in (kommunal-)politischen Gremien diskutieren lässt, der aber gerade im Umgang mit Externen häufig Verwendung finden wird.
Es lebe die Floskel!
Bei Grundsteinlegungen, Eröffnungnen, Präsenationen und allem was da im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit auf uns uns zu kommt, wird der Begriff „Ziel 2“ also erhalten bleiben, da er auf eine lange erfolgreiche Geschichte zurückblickt, an die jeder anknüpfen kann. Die Floskel bleibt erhalten. Das ist Marketing!