Mindestens 30 Minuten warten vorm Bochumer Verein, wo Eisenbahnräder aus glühenden Stahlrohlingen gepresst werden. Einen vollen Bus ziehen lassen, eine Haltstelle entgegenlaufen, um dann vom Westpark Bochum zum Nordsternpark Gelsenkirchen zu zuckeln. Das Warten auf Einlass ins Amphitheater zu Urbanatix scheint aussichtslos und die Hoffnung auf einen Platz auf ein Kanalschiff in Richtung Oberhausen wird sich nicht vor 3 Schiffen oder 1 1/2 Stunden erfüllen. Der Bus von Nordstern nach Zollverein ist schon voll, wie auch vermutlich bereits das Gelände des Weltkulturerbes. Um Umwege zu sparen gleich mit dem Taxi zur Zeche Consol mit dem Consol-Theater. Von dort mit einem Umweg über Recklinghausen nach Herne und mit der U-Bahn zurück nach Bochum.
Nein, ich gehörte nicht zu den Teilnehmern des VIP-Programms der veranstaltenden Ruhr Tourismus GmbH. Die Extraschicht bewältigte ich mit Frau, Freunden und Bekannten ohne Betreuung. Dafür bin ich froh, dass wir Freikarten bekommen hatten. Die großen Ankerpunkte stellten sich überlaufen dar. Die Wartezeiten verleideten die Teilnahme bzw. reduzierten die Möglichkeit wahrnehmbarer Attraktionen. Die kleinkünstlerische Lichtjonglage vor Nordstern bleibt mir erfrischend in Erinnerung. Dafür brauchte es keine Eintrittkarte.
Gefällig und kúnsterlisch waren Live-Projektion eines arbeitenden Zeichners mit Soundbegleitung auf einer großen Wand auf Consol sowie eine kleines Theaterstück mit Kinderbuchhelden. Hier gab es auch Plätze. Als ein Höhepunkt stellte sich spät nachts noch die Festivitäten auf Zeche Ewald dar. Hier wurde nachts unter offenem Himmel spontan getanzt. Auch scheint man in Herten mehr Freude an Cocktails und anderen alkoholhaltigen Getränken zu haben 🙂
Die Lehre für den 30. Juni 2012: Meide die Ankerpunkte/Drehscheiben. Klappere die kleineren, weniger zentralen Spielstätten ab. Vermeide den Konflikt zwischen Erlebnis und Masse.
Woran mag es gelegen haben?
Hat die Besucherlenkung nicht funktioniert? Zuviels wollten zu den großen Ankerpunkten der Industriekultur? Kontrolle der Tickets habe ich nur am Amphitheater wahrgenommen. Ein gechrumpftes Budget? Da hab ich bereits letztes Jahr drauf hingewiesen. Und Zukunft und Finanzierung sind weiter unsicher, solange es keine Nachfolgeregelung zum Kulturhauptstadtjahr gibt – auch wenn die Extraschicht bereits deutlich älter ist. Der Erfolg der Massenbeteiligung – 200.000 sollen es gewesen sein – wird den politischen Willen zum Erhalt beflügeln. Allerdings darf die die Masse das Fest nicht erdrücken oder Regenjahre zu heftigen Einnahmeausfällen führen. Genießen wir das, was wir noch haben.
Ein Lob an die Ruhr Tourismus, die alles, wenn auch unter schwierigen Bedingungen, dennoch soweit meistert.
Bilder: Stephanie Kotalla
Bara
12. Juli 2011 at 00:44
Guter Artikel, habe ich gern gelesen. 🙂
Ich habe nur vor dem Gasometer in Oberhausen eine solche Schlange gesehen – glücklicherweise erst als ich es gerade verließ. 😉
Ansonsten wundere ich mich über die Berichterstattung des angeblichen Besucherrekords. Da waren wir wohl an eher uncoolen Schauplätzen.