Ich schaue mir gerade einen TV-Bericht zum Bundesparteitag der DieLinke an und schaue erwartungsvoll auf die morgige Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr. Die Erwartung besteht in einem ruhigen, unspannenden Arbeitstag. Presse erwarte ich keine zur Verbandsversammlung. Mein Beileid an die Mitarbeiter der Pressestelle des Regionalverbands Ruhr, die Journalisten für die Sitzung interessieren müssen. Einige Sachen sind es schon wert, berichtet zu werden. Aber das wird in kleinen Randnotizen enden. Die Sitzung der Verbandsversammlung sollte auch stattfinden, denn die zu verhandelnden Gegenstände müssen auch erledigt werden oder sind zumindest in einem größeren Plan kleine Bausteine. Das klingt jetzt sicher politisch korrekt für die morgigen Tagesordnungspunkte, aber irgendein Gwürz fehlt mir. Die Trägheit des Verbandes und seiner Führungsspitze färbt am Ende auf alle ab. Als Schattenboxen sind vor Eintritt in die Tagesordnung am Montagmorgen Geschäftsordnungsfragen von Interesse.
Und ein interessanter Punkt erreicht eigentlich weder Sitzung und Öffentlichkeit. Es handelt es sich um einen Antrag nach §9.2 Absatz 2 der „Geschäftsordnung der Verbandsversammlung und der Ausschüsse des Regionalverbands Ruhr in der Fassung vom 19.09.2005 zuletzt geändert am 03.09.2007„. Ich erspare mir, das Verfahren zu erläutern. Inhaltlich sollte auf Antrag der Fraktion Bündnis’90/Die Grünen – ohne nähere Begründung – das Thema Regionalplanung verhandelt werden. Ein Antrag hierzu sollte noch nachgereicht werden. Fast hätte ich da eine Umgehung der Antragsfrist vermutet. Das sei nun dahingestellt, denn der Antrag wurde auf Veranlassung des Fraktionsvorstand der RVR-Grünen wieder zurückgezogen. Da kann jetzt jeder mal spekulieren, wie das kommt, dass die Grünen einen derartigen Antrag ohne ihren Koalitionspartner stellen, und ihn dann wieder zurückziehen. Könnten Sie bekommen haben, was sie wollten?
Hier mal etwas Spkulationsmaterial – quasi Spekulatius (ein Kalauer, „Was bin ich wieder für ein Schelm heute“):
- Der Regionalverband Ruhr übernimmt zum 21. Oktober 2009 die Regionalplanung für die Metropole Ruhr. Diese war der Region1975 seitens der damals regierenden SPD entzogen und auf die staatlichen Planungsbehörden in Arnsberg, Düsseldorf und Münster übertragen worden. Hierfür baut der Regionalverband Ruhr gerade eine Abteilung auf. Strittig ist im Hintergrund lange, wo diese Abteilung eingerichtet werden soll. Soll es nur ein Team werden, dass diese für die Region wichtige staatliche Funktion übernimmt. Das wäre dann unterhalb eines Amtes. Oder doch lieber ein Referat, das direkt unterhalb eines Bereichsleiters – in den Kommunen auch Beigordnete oder Dezernenten genannt – arbeitet. Und dann ist damit noch die Frage verbunden, welcher Bereichsleiter soll die Funktion übernehmen. Da steht als erster der grüne Planungsdezernet Dr. Thomas Rommelspacher im Raum. Aber der Regionaldirektor von der SPD, Heinz-Dieter Klink, könnte ja quasi die Aufgabe zur Chef-Sache machen. Es sei den das RVR-Gesetz gibt sie ausdrücklich dem dort angeführten Bereichsleiter Planung in die Hand. Warum sollte dann der Konlfikt gesucht werden?
- Die SPD will ja eigentlich die Regionalplanung für die Metropole aus einer Hand nicht. Sie spricht sich gegen eine Verwaltungsstrukturreform aus, deren Vorbote diese Übertragung ist. Künfitg soll es in Nordrhein-Westfalen nur noch die Mittelinstanzen Rheinland, Ruhr und Westfalen gebe. Bereits die flächendecke Einrichtung von Regionalen Flächennutzungesplänen, vorgesehen im RVR-Gesetz, hatten RVR und Genossen nicht hinbekommen. Und das ist dann schon schwierig, wenn die CDU als Landesregierung einer SPD-geführten Koalition eineGeschenk in Form von mehr Kompetenzen macht, dass man als SPD landespolitisch ablehnt. Das ist dann sogar doppelt schwer, wenn ein Übergewicht der SPD-Landestagsabgeordneten aus der Metropole Ruhr kommt.
- Zudem soll es ja angeblich noch ein Bollwerk der SPD in Nordrhein-Westfalen geben: Ruhr. Auch wenn es keine SPD Ruhr gibt, sondern diese weiter die alten, überkommenen Kirchtürme als Parteistruktur pflegt, so existieren doch Netzwerke. So das der Bau- und Planungsdezernenten. Diese sind eindeutig SPD-dominiert und kennen sich meist schon aus den 1990ern, aus Zeiten der Internationalen Bauausstellung Emscherpark. Jemanden wie einen grünen Planungsdezernten beim Regionalverband Ruhr, der ihnen dreinredet können die gar nicht gebrauchen, denn erstens ist er keiner von ihnen und zweitens will man ja die eigene kommunale Domäne verteidigen. Und dann soll der künftig nicht nur unverbindliche Vorschläge machen, die mann im Konsens annimmt oder auch nicht, sondern sogar verpflichtende Vorgaben machen dürfen. Das geht für die eigentlich gar nicht. Wenn die Regionalplanung durch den RVR nicht mehr aufhaltbar ist, dann doch bitte möglichst verzögert, verspätet und durch einen der eigenen, der wenig stört. Regionaldirektor Klink wäre da sicher ein passender Kandidat. Dr. Rommelspacher ist abzulehnen.
- Der Generalsekretär der SPD NRW, Michael Groschek MdL, soll sich die Tage mit dem RVR, seiner SPD-Fraktion, der Grünen-Fraktion und grünen Landespolitiker befasst haben. Wie mir zugetragen wurde, sei nun vor der Kommunalwahl am 30.8. wieder alles in Butter, die Koalition beim RVR läuft geräuschlos weiter. Es scheint mir, als hätten sich die Grünen und der grüne Bereichsleiter für Planung Dr. Rommelspacher durchgesetzt. Wobei? Könnte sich doch nur um die Regionalplanung handeln. Ich höre, dass es nun zu einem Referat mit Michael Bongartz als Leiter unterhalb des Bereichsleiters Dr. Thomas Rommelspacher kommen soll. Das ist auch ganz im Sinne der Landesregierung.
- Und wenn das alles so ist, was hat die SPD dann von den Grünen bekommen? Ich erwarte, dass das nichts ist als Ruhe – Ruhe vor den anstehenden Wahlen. Immer wieder hat es im Gebälk der rot-grünen Koalition gekracht, da sich die SPD-Fraktion mit der großen Zahl der Oberbrügermeister und Landräte der Region, mehr als Verhinderer regionaler Interessen darstellte. Den Grünen kann man diesen Vorwurf nicht machen – zumindest nicht in diesem Umfang. Die SPD ist die Bremse beim RVR und im RVR:
- Und was wird von der Kommunalwahl erwartet? Nicht erwartet wird ein wiedererstarken der SPD zu Mehrheiten, die ihr eine Alleinregierung erlauben. Die SPD ist in derMetropole Ruhr nicht mehr systembeherrschend. Beiträge von Ex-Oberbürgermeisten, die alte Zeiten herbeisehen, sehe ich mit Zufriedenheit. (WAZ 09.02.2009, „SPD-Alt-OB: ‚Wir haben frei Schnauze geredet‘) Erwartet wird, dass es vielerorts sogar nicht mehr für Zweierkoalitionen reicht. Dominierend war dabei immer die Vorstellung rot-grüner Koalitionen. Wie attraktiv ist eine von der Linkspartei angegriffene Sozialdemokratie für Wähler, wenn sie nicht einmal mehr die Option einer rot-grünen Koalition glaubwürdig verkaufen kann? Sind Dreier-Koalitionen unter Führung der SPD oder sogar große Koalitionen vermittelbar, damit die SPD ihr Wählerpotential zur Stimmabgabe bewegen kann? Die Kommunalwahlen sind Mobilisierungswahlen für die SPD. Damit will ich sagen, dass es darauf ankommt, inwiefern es den Sozialdemokraten gelingt, ihre Wähler an die Urne zu bewegen. Und wenn sie das nicht mehr für wichtig und erfolgversprechend halten, dann könnten sie zu Hause bleiben. Daher benötigt die Sozialdemokratie nach dem medialen Debakel bei der Europawahl vor allem eins: Ruhre- und das auch dort wo sie noch regiert. Die Grünen als potentieller, ja empfunden als quasi natürlicher Koalitionspartener werden benötigt, um noch glaubwürdig das Potential einer eigenen, wirksamen Mehrheitsführerschaft zu vermitteln. Eine rot-grüne Koalition und damit die Grünen als hinreichende Mehrheitsbeschaffer sind die verbliebene Hoffnung vieler Sozialdemokraten. Für die sind die Grünen quasi nur abtrünnige Genossen. Ohne Mehrheitbeschaffer schwindet ihr Einfluss in den Kommunen und dann auch gefühlt im Land.
- Und was ist die Konsequenz? Die SPD an der Ruhr kommt als lahme Ente daher, mit wenig Aussicht ihre Situation zu verbessern, eher mit der Erwartung, dass alles etwas schlimmer wird. Allenfalls besteht bei Ihnen die Hoffnung, die auftretenden Löcher im roten Boot noch hinreichend gestopft zu bekommen, um sich über die Jahre zu retten. Für die Grünen bietet das Optionen, gerade wenn sie die SPD als Koalitionspartner haben. Die Enscheidungen zum gescheiterten Bochumer Haushaltsplan, den dort anstehenden Streichungen an Leistungen und Projekten – allen voran dem Bau einer neuen Spielstätte für die Bochumer Symphoniker -, die Diskussion zum eigenen OB-Kandidaten in Dortmund (auch das Tauschgeschäfts in Bochum: Dezernentin für Verzicht auf OB-Kandidat) und beim RVR die Frage nach der Struktur der Regionalplanung sind Themen, bei denen sich die Grünen aufmüpfiger für die SPD benehmen als bisher gewohnt. Und sie können es sich erlauben. Es wird kaum erwartet, dass sie sich bei der anstehenden Wahl bzgl. ihrer politischen Rolle als zumindest potentieller Mehrheitsbeschaffer verschlechtern, sondern eher verbessern. (Lassen wir erst einmal den Wähler abstimmen.)
Folglich machen die Grünen derzeit in ihren Koalitionen Politik, während die SPD um Ruhe bemüht ist, um möglichst Schlimmeres zu verhindern. Und das führt zu einem Stückpapier mit dem ein Tagesordnungspunkt beantragt wird, um ihn nach erfolgter Einigung per Email wieder zurückzuziehen. Das werden wir im Vorwahlkampf noch öfter erleben, dass die Grünen politisch in den nächsten sexhs Wochen noch etwas über eine Drohkulisse bewerkstelligen, was der SPD nicht so sehr weh tut wie öffentlicher Krach.
Hoffentlich trinke ich am Montag nicht zu viel Kaffee.
Dirk Schmidt
22. Juni 2009 at 13:26
Ich stelle fest:
x Bis zum Ende der VV habe ich es ohne Kaffee geschafft.
x Der Regionaldirektor verkündete, dass es ein neues Referat 15 mit zwei Teams geben werde, die die neuen Aufgaben der Regionalplanung und der Verbandsversammlung als Regionalrat bearbeiten sollen.
x Ein Vertreter der WAZ wurde gesichtet.