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Bochum

Ich will alle 15 Minuten mit der S-Bahn fahren können!

Derzeit läuft in den Städten des Ruhrgebiets, die zum Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) gehören, eine Diskussion, ob ab dem Jahr 2020 die S-Bahnen statt im 20-Minuten-Takt dann in Stoßzeiten alle 15 Minuten und in Nebenzeiten alle 30 Minuten fahren sollen. Das soll die Züge zu Stoßzeiten entlasten und den Fahrgästen mehr Komfort bieten. Kommunalverwaltungen und Verkehrsgesellschaften befürchten jedoch Mehrkosten, da sie ihre Angebote an Bahnen und Bussen auf den Takt der Züge einrichten müssten. Das Thema erreicht mich besonders intensiv, da mich der Rat der Stadt Bochum Ende September frisch in die Gremien des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr entsandt hat. Deswegen entstand auch dieser Beitrag, der zunächst im Blog Ruhrbarone erschien.

S 15Alle 15 Minuten durch die die Metropole Ruhr, von Dortmund nach Essen, das fände ich grundsätzlich ein tolles Angebot. Das soll es bis Mitte der 2020er Jahre mit dem Rhein-Ruhr-Express in Nordrhein-Westfalen und in der Metropole Ruhr geben. Der Fuhrpark dafür ist bestellt. Das Rollmaterial steht ab Ende 2018 zur Verfügung. Im 15-Minuten-Takt geht es dann auf der Stammstrecke Dortmund-Bochum-Essen. Daran angeschlossen sind als Zubringer der Vorlaufverkehr einzelner Linien u. a. Minden, Koblenz, Aachen, Münster. Auf dieses Komfortangebot werden sich die Verkehrsverbünde, die Kommunen und Kreise ihre Nahverkehrspläne und die Verkehrsgesellschaften (Bogestra, EVAG, DSW etc.) einstellen müssen.

Auch die S-Bahn muss sich anpassen. Und dazu ist jetzt die Chance da! Die Ausschreibung sämtlicher S-Bahn-Linien im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) steht an. Aufgrund der benötigen Größe der Projekte, notwendiger Züge und Mitarbeiter, erfolgt die Zuteilung der Aufträge an Unternehmen deutlich vor dem Beginn des ausgeschriebene Zeitraums. Daher muss bereits vor der Ausschreibung entschieden werden, wie der S-Bahn-Verkehr zwischen 2020 und 2030 aussehen soll.

15/30-minütiger S-Bahn-Takt hilft gegen überfüllte Züge

S-Bahn Rhein-Ruhr DBDer morgendliche S-Bahn-Verkehr in der Metropole Ruhr ist durch überfüllte Züge geprägt. Ein verstärkter Takt zu Stoßzeiten hilft ab. Morgens würden die S-Bahn-Linien alle 15 Minuten verkehren. Zum Ausgleich der Kosten wären es dann zu anderen Zeiten, wenn die Züge abends leer sind, alle 30 Minuten. Ich fände das gut für die Nutzer und als Nutzer. Das ist ein gewichtigeres Argument, als die Koordinierung der Fahrpläne.

S-Bahn-Takt 15/30: Verknüpfung mit RRX, RE und RB

Viele haben noch gar nicht realisiert, dass demnächst auch der Rhein-Ruhr-Express im 15er Takt durch das Ruhrgebiet saust. Im Rahmen des integrierten Fahrplans müssen sich die Hauptlinien des kommunalen Nahverkehrs, Bus und Bahn, auf einen solchen Takt bei den S-Bahnen ausrichten. Zumindest argumentieren so die Verkehrsunternehmen. Da würde zu einigen Zeiten auch mehr Material benötigt werden, zu anderen weniger. Das muss vollständig untersucht werden, nicht nur der Mehr- auch der Minderbedarf. Allerdings frage ich mich, wo der Mehrbedarf ist, wenn in den Stoßzeiten Takte von 10 Minuten oder darunter schon angeboten werden. Und was nützt das bei üblichen Verspätungen? Die Frage, ob Veränderung überhaupt nötig sind, muss vorab geklärt werden.

Praktisch ist, dass die Regionalexpresslinien und Regionalbahnen auch im kompatiblen 30-Minuten-Takt verkehren. Im Idealfall und bei Pünktlichkeit ist der zeitliche Abstand an den Anschlusspunkten von beispielsweise Bus zu Bahn immer der gleiche:

Nehme ich den Bus eine halbe Stunde später, dann fährt auch da gleich der Zug eine halbe Stunde später. Das ist ein erheblicher Komfortgewinn. Der wiegt sogar auf, dass nur jede zweite S-Bahn nach Düsseldorf durchfährt, weil der 15-Minuten-Takt nur im Ruhrgebiet gilt. Alle 15 Minuten durchs Ruhrgebiet, alle 30 Minuten ins Rheinland.
Das ist stark vereinfacht, aber ich bewerte es als verträglich im Vergleich zum Verlust, dass die S-Bahn nicht immer „bis nach Köln“ durchfährt.

S-Bahn-Takt: Lobbyarbeit der Verkehrsbetriebe gegen Veränderungen

Es gibt Gegner dieser Maßnahmen. Es sind die örtlichen Verkehrsbetriebe. Sie machen seit Monaten Stimmung gegen diesen Vorschlag. Wie Lobbyisten beraten sie die Mitglieder ihrer Kommunen in Gesprächsterminen. Im Vordergrund stehen die Kosten – sagen sie. So wird vielerorts dargelegt, dass zusätzliche Busse und Bahnen angeschafft werden müssten.

Das Problem mit zu wenig Rollmaterial ist nicht neu: Die überfüllte U35 zwischen Bochum Hbf und Ruhr-Universität kann nicht mehr verstärkt werden, weil kein weiterer Zug mehr da ist. Es wird also bereits mehr Material benötigt. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Ich bekomme Millionenbeträge an den Kopf geworfen. In der einen Kommunen seien es 2 Mio. € mehr und in der anderen 5 Mio. €. Dabei wird die Debatte überhaupt nicht darüber geführt, woher diese Mehrkosten kommen und ob sie notwendig sind. Ich befürchte, dass die Material- und Betriebskosten zusammengezogen wurden. Und es wurde nur eine Verstärkung zu Stoßzeiten eingepreist. Die Anpassung an den 30er-Takt zu mehr schwächeren Zeiten wurde vermutlich nicht beachtet. Mich beschleicht die Befürchtung, dass hier Stimmung gegen unbequeme Änderungen gemacht wird.

Das Zaudern vor der Umstellung der eigenen Fahrpläne ist einem Schreiben des scheidenden Bochumer Stadtbaurats (siehe Drs. BO 20141777) zu entnehmen:

Derzeit abgestimmte Anschlüsse zwischen Bus- und Straßenbahnlinien würden nicht mehr funktionieren. Um den Fahrgästen weiterhin gute Anschlussmöglichkeiten anbieten zu können, müssten voraussichtlich deutlich mehr Linien angepasst werden. Hier wäre im Zuge der geplanten gutachterlichen Untersuchung des Bus- und Straßenbahnliniennetzes zu prüfen, wie Angebot und Nachfrage bei einer Taktumstellung in Einklang gebracht werden könnten

[…]

Das Argument des einheitlichen Taktes mit dem RRX greift aus Aufgabenträgersicht nur, wenn der öffentliche Straßenpersonennahverkehr konsequent umgestellt wird. Der RRX soll zwar aus verschiedenen Linien bestehen, die sich zwischen Dortmund und Köln zu einem durchgehenden 15-Minuten-Takt überlagern.

[…]

Derzeit ist nicht bekannt, ob die bisherige Umlage für den Schienenpersonennahverkehr auch nach 2019 erhalten bleibt und sich dadurch eine Ersparnis an anderer Stelle ergeben könnte.

Geld aus den Regionalisierungsmitteln von Bund und Land ab 2020

Der letzte Satz aus dem Schreiben verweist auf ein Problem. Es gibt keine Sicherheit über Geld von Land und Bund für eine Taktumstellung. Es gibt überhaupt keine Sicherheit, dass es überhaupt Gelder für den Schienenpersonennahverkehr ab 2020 gibt.
Dahinter versteckt sich der Streit zwischen Bund und Ländern über die Regionalisierungsmittel, über die Nachfolge des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und des Entflechtungsgesetzes.

Das Problem ist bei der Föderalismusreform entstanden, als die Verkehrsthemen mit ihrem Einverständnis an die Länder gingen. Die Länder habe aber nicht das Geld zur Verfügung gestellt, dass der Bund einsparen will. Jetzt hangeln sich Länder und Kommunen in Deutschland von Jahr zu Jahr. Für Verkehrsprojekte – Straße, Schiene, Wasser – ist das eine Katastrophe, denn diese brauchen langfristige Finanzierungssicherheit. Die jetzige Diskussion um den S-Bahn-Takt betrifft die Zeit ab 2020.

Die Finanzierung einer Taktverdichtung in der Metropole Ruhr – bei Bussen, Bahnen und Zügen – bedarf auch einer Unterstützung durch die Landesregierung. Von ihr kommt die Anregung zum 15-Minuten-Takt. Wie bisher müssen die Kommunen und Verkehrsgesellschaften bei Investitionen in zusätzliche Infrastruktur wie Rollmaterial unterstützt werden.

Wieso reden wir nicht über Lösungsversuche? Wieso wird der VRR nicht zum S-Bahn-Takt gehört?

Die derzeitige Diskussion ist davon geprägt, dass die Verkehrsbetriebe sich bemühen, jegliche Veränderungen und Mehrkosten zu verhindern. Wie und ob eine Taktumstellung realisiert wird und ob die Konsquenzen gewollt sind, wird nicht diskutiert. Es wird noch nicht einmal mit dem Auftrageber der Studien zur Taktumstellung gesprochen. Vom Land NRW kam die Anregung. Der VRR muss schließlich entscheiden, ober 15/30- oder 20/30-Minuten-Takt ausschreibt. Der VRR schreibt in Vorlage Z/VIII/2014/0546 vom 19.08.2014 an die Kommunalpolitiker, die die Räte und Kreistage in seine Gremien entsenden, Folgendes, was sich auf die Diskussion vor Ort bezieht.

Während des gesamten Beteiligungsverfahrens stand der VRR bereit, in politischen Gremien und Ausschüssen die Untersuchung und deren Ergebnisse vorzustellen.

Voller BahnsteigIch will mal den VRR hören zum S-Bahn-Takt und den Gutachter, der die Anregung der Landesregierung durchgespielt hat.

Zur Zeit nehmen die neu gewählten, politischen Gremien des VRR ihre Arbeit auf. Im Dezember soll dort über die Taktverdichtung beraten werden.

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  1. Pingback: VRR plant S-Bahn Taktverlängerung von 20 auf 30 Minuten

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