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VRR-Sozialticket: Schmerzliche Detailfragen für Politiker

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Die Details sind noch vor der Entscheidung des Verbandsratssitzung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) kommende Wochen rum: Das Sozialticket soll für den Preis von 29,90 € auf Basis des Ticket 1000 (Preisstufe A) eingeführt werden. Es soll Beziehern von Sozialleistungen angeboten werden, also von Hartz IV, Arbeitslosengeld (Alo II), Grundsicherung im Alter und auch Wohngeld etc. DGB und Linkspartei machen Front dagegen, weil dies mehr als 15 € pro Monat und damit dem im Hartz IV-Regelsatz sei. Erfahrungen mit dem abgebrochenen Versuch eines Sozialtickets in Dortmund zeigten, dass der Ticketpreis erheblichen Einfluss auf verkaufte Menge und dadurch Kosten hat, insbesondere durch Einnahmeausfälle.

Der Weg bis zur Entscheidung über die Einführung eines Sozialtickets in einer Kommune, hat aber noch eine Menge Voraussetzungen und damit Handlungsoptionen für politische Akteure, die unterschiedliche Strategie verfolgen (können). Die Kalküle dieser Akteure, der Parteien in unterschiedlichen Koalitionen, müssen folgendes berücksichtigen:

  • Der Beschluss des VRR soll ein opt-out seiner Mitgliedskommunen, also der kreisfreien Städte und Kreise im VRR-Gebiet, enthalten. Opt-out bedeutet, dass jede Kommune in der nächsten Zeit beschließen kann, nicht beim Sozialticket mitzumachen. Im Unterschied zu einem opt-in, erfordert ein opt-out einen negativen Beschluss des jeweiligen Kreistags oder Rates. Dafür bedarf es eine Antrags einer Fraktion (=Partei) oder der Verwaltung, also entweder des Oberbürgermeisters oder des Landrats. So eine Antragsstellung kann bereits unangenehm sein…

  • Die vom VRR vorgesehene probeweise Einführung eines Sozialtickets soll gerade nicht über den Verbundtarif abgerechnet werden. Anders ausgedrückt: Jeder Kreis bzw. Jede Stadt haftet für die Einnahmeausfälle aufgrund des Erfolgs oder Misserfolgs des Tickets, damit auch in Abhängigkeit der Zahl der das Sozialticket nutzenden Transferempfänger. Gerade im Ruhrgebiet gibt es Städte mit deutlich höheren Fallzahlen. Das führt zu einem höheren finanziellen Risiko, das aber niemand genau vorhersagen kann.

  • Jetzt stellt sich die Frage, ob eine Stadt überhaupt zustimmen darf. Kommunen mit einem Nothaushalt, also in der Haushaltssicherungsgesetz – die meisten – dürfen keine freiwilligen, zusätzlichen Leistungen erbringen. Beschließt ein Rat oder Kreistag das dennoch, dann müsste der Oberbürgermeister oder Landrat den Beschluss beanstanden. Politisch keine angenehme Option gerade für die SPD, die im Ruhrgebiet die Mehrheit dieser politische Beamten stellt. Erfolgt die Beanstandung nicht, dann müsste die Kommunalaufsicht – Innenministerium oder ein Regierungspräsident, die als Landesbeamte der Weisung der Landesregierung unterliegen – dagegen vorgehen. Auch das muss politisch nicht gerade verlockend sein.

  • Der vorhergehende Punkt muss aber gar nicht ins Kalkül gezogen werden, wenn die dort angeführten freiwilligen Ausgaben der Kommunen zu Pflichtaufgaben mutieren. Pflichtausgaben muss auch eine Kommune mit Nothaushalt bezahlen. Die Ausgaben für den Tarifverbund des VRR sind solche Pflichtausgaben. Der VRR ist rechtlich ein Zweckverband und die Zahlungen an ihn entsprechen den Kreisumlagen der kreisangehörigen Kommunen an ihren Kreis und der Verbandsumlagen an die Landschaftsverbände bzw. den Regionalverband Ruhr (RVR). Um zur Pflichtausgaben zu werden, benötigt die zusätzliche Ausgabe für das Sozialticket die Genehmigung der Kommunalaufsicht. Da bin ich aber nicht sicher, ob das für den VRR direkt das Innenministerium ist wie beim RVR oder eine Regierungspräsident. Auf jedem Fall trägt die politische Verantwortung am Ende … die Landesregierung.

  • Die Landesregierung legt für das Sozialticket noch 2-mal 15 Mio. € drauf (also für 2011 und 2012). Das bringt noch einzukalkulierende Fragen, wer davon wieviel bekommt und was passiert, wenn eine Kommune nicht mitmacht. Bekommen die übrigen dann den Anteil dieser Kommune zusätzlich, so dass es für sie noch günstiger wird? Hinzu kommt vor Ort der Vorwurf, auf Landesgelder verzichtet zu haben.

  • Vertrackt kann die Situation vor Ort noch dadurch werden, dass einzelne Verkehrsgesellschaften in den Aufsichtsgremien von einer Partei dominiert werden – ggf. in Kooperation mit den (gewerkschaftlichen) Arbeitnehmervertretern. Die Gesellschaften und deren Gremien sind eigenständige Akteure im VRR-Zweckverband und der örtlichen Kommunalpolitik.

Die Einführung eines Sozialtickets in den Kommunen birgt noch Diskussionbedarf an weiteren Stellen, Entscheidungen und Anlass zu weiterer Berichterstattung.

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