Wie viele zahlende und nicht zahlende Zuschauer haben eigentlich die einzelnen Programmpunkte der Ruhrtriennale? frage ich, nachdem ich von „Love’s Deep Ocean“ (Alim Quasimov) in der Jahrhunderthalle zurückgekehrt bin. Die Halle 4 war nicht einmal zu einen Viertel besetzt – maximal 100 Zuschauer. Ich gehörte zu den nicht zahlenden Gästen.
Okay, ich bin früher gegangen. Das mag anfangs peinlich wirken, aber das Gefühl verschwindet, sobald man draußen an der Luft wieder Freiheit atmet. Es ging nicht anders, meine Konzentration war nach einer Stunde nicht mehr da. Der Künstler Alim Quasmiov wird hoch gelobt, so u.a. von der New York Times und der Frankfurter Allgemeinen Zeitpunkt. Allerdings habe ich mit Musik abseits der Dur-/Moll-Harmonik Probleme. Als ich in Istanbul mal Musik (jaja, Aserbaidschan ist nicht Türkei, aber hat auch ne Turksprache) hörte, konnte einigen Stücken folgen. Es waren am Ende Filmmelodien, u.a. einer Soap-Opera. Ich vermute, dass die Harmonik sehr schlicht war und „westliche“ Elemente enthielt. Alim Quasimov und seine Tochter bzw. die Musikform des Mugham waren dann aber doch zu schwer für mich. Es kreist mir zu sehr um die Stimme. Hier mal ein Beispiel von youTube:
Der derzeitige Intendant der Ruhrtriennale, Willy Decker, wollte in seinem Programm Kunst, Kreativität und religiöse Urelemente verbinden. Der gesungene Mugham wirkt auf mich religiös, aber das kann auch ein in mir sitzender westlicher Sterotyp des Stimmenklangs und der Gestik sein. Es ist auch nicht abzustreiten, dass Quasimov eine verdammt gute und beeindruckende Stimme hat. Dennoch, ich habe den Zugang nicht gefunden. Aber offenbar haben wenige den Zugang gefunden, also überhaupt den Weg dahin.
Viele Stücke der Triennale sind ausverkauft. Zumindest entnehme ich es den Angaben im Programm. Kulturpolitik stelle ich mir immer so vor, dass da ein Sandkasten hingestellt wird, den die Kulturschaffenden dann bespielen. Dabei geht es nicht nur um die Bespielung mit publikumswirksamen Veranstaltungen, sondern auch weitere Ziele können verfolgt werden. Ich zähle sie mal hier nicht auf. Auch Mugham hat meinen Horizont erweitert. Aber da mach ich jetzt erst einmal einen Haken dran. Allein von der Zuschauerbeteiligung stellt diese Musik eine Nische dar. Die Produktionskosten dürften gering sein: 6 Musiker mit Technik auf der Bühne. Und da frage ich mich, ob das eine Abrundung des Programms mit ja auch durchaus teueren Produktionen ist und nicht nur eine prestige-trächtige Bespielung ist, ohne auf Widerhall in der Region zu treffen.
Der heutige Abend in der Jahrhunderthalle in Bochum hat mich auf jeden Fall verstört. Sinn und Zweck von Kunst, notwendiges Maß an Publikumszuspruch und öffentlicher Finanzierung muss ich mir mal durch den Kopf gehen lassen, wie auch die Frage, welche Kulturschaffenden wie und für wen ausgewählt werden. Ist das wie mit des Kaisers neuen Kleidern oder lieg ich komplett daneben?
Meiner Erinnerung nach hält das Land an der Kultur Ruhr GmbH, die Träger der Ruhrtriennale ist, einen Anteil von 51% und leistet 80% der Zuschüsse, wobei der Rest vom Regionalverband Ruhr stammt. Gute Nacht!
Pingback: Links anne Ruhr (05.10.2010) » Pottblog
Pingback: Der Ruhrpilot | Ruhrbarone