Tobias Bolsmann schreibt im WAZ-Mantelteil „Rhein-Ruhr“ unter dem Titel „Ärger um Gesundheitscampus schwelt weiter“:
Der Lenkungsausschuss des Verbundes „Essen forscht und heilt” akzeptiert die Entscheidung nicht: In einem Brief an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers weist er darauf hin, dass es den entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Bochum gar nicht gibt. Die Verpflichtung, zehn Millionen Euro zur Realisierung beizusteuern, könne die Stadt auf Grund der Haushaltssperre nicht einlösen. Die offensichtlich auf falschen Annahmen beruhende Entscheidung solle revidiert werden.
[…]
Das 10-Millionen-Versprechen war offenbar das Zünglein an der Waage, das Bochum auf den ersten Platz hievte. Jury-Vorsitzender Prof. Karl Max Einhäupl hatte öffentlich erklärt, der finanzielle Beitrag der Bochumer habe großen Eindruck gemacht.
Fernab der Diskussion, ob Bochum nun diese 10 Millionen einlösen kann, da die Stadt ein massives Problem mit ihrem Haushalt hat (siehe „Mutti passt auf: Der Weg zum neuen Haushaltsplanentwurf in Bochum„), oder ob Essen nicht doch der bessere Standort wäre, wobei ich von der aktuellen Diskussion nur weiß, dass Essen einen Doppelhaushalt hat, liefer ich mal eine andere Interpreation der Dinge, die da gerade ablaufen bzw. abgelaufen sind:
Da beschweren sich die Essener, dass sie eine Auktion verloren haben. Sie verweisen darauf, dass der Gewinner der Auktion, die Bochumer, das Gebot nicht bezahlen könnten. Bei Auktionen ist die Summe meist am Ende der Auktion fällig, zumindest ist ein Teilbetrag sofort als Sicherung zu leisten. Bei Auktionen des Landes unter seinen Kommunen gibt es derartige Regeln nicht. Aber wie gesagt, dass ist nur eine Interpreation.
Allerdings verweise ich mal auf einen Umstand. Die Entscheidung für eine Bewerbung um den GesundheitsCampus NRW verbunden mit der Zusagen von bis zu € 10 Millionen (Angabe lt. WAZ) wurde in der Ratssitzung am 18. Dezember 2009 behandelt. Für dieses Sitzung gab es zwei Vorlagen: eine öffentliche und eine nicht-öffentliche Vorlage.
Die öffentliche Vorlage lautete knapp:
Die Verwaltung schlägt eine finanzielle Beteiligung der Stadt Bochum an den Kosten des Gesundheitscampus NRW vor.
Eine Beschlussvorlage ist für den nichtöffentlichen Sitzungsteil vorbereitet.
Inzwischen hat die Landesregierung eine Expertenkommission berufen, die eine Standortempfehlung
für die Landesregierung abgeben soll. Einzelheiten entnehmen Sie bitte der
beigefügten Anlage.
Im öffentlichen Protokoll der Vorlage finden sich folgende Hinweise zur Tagesordnung des nichtöffentlichen Teils, die um folgenden Punkt ergänzt wurde:
5.4 Gesundheitscampus NRW
hier: Finanzielle Beteiligung der Stadt Bochum an den Investitionskosten
und Übernahme von Folgekosten
hier: Genehmigung einer Dringlichkeitsentscheidung
Und hierzu teilt die öffentliche Niederschrift folgenden nicht-öffentlichen Beschluss mit:
3.8 Gesundheitscampus NRW
hier: Finanzielle Beteiligung der Stadt Bochum an den Investitionskosten
Vorlage: 20083153
(Siehe auch Protokollierung unter „Vor Eintritt in die Tagesordnung“ und TOP 5.4)
Die Mitteilung wird zur Kenntnis genommen.
Die im nichtöffentlichen Teil platzierte Beschlussvorlage wird einstimmig beschlossen.
Jetzt muss man noch wissen, dass die Gebote bei der Landesregierung bis zum 16.12. hatten eingehen müssen. Die Bochumer Ratssitzung war zwei Tage später.
In Essen hingegen finde ich im Ratsinformationssystem nur eine Befassung im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit bereits am 24.09.2008 – also rund drei Monate früher.
Und daher mal folgende Interpretationen:
- Die Bochumer haben als letzte ein Gebot abgegeben, das offensichtlich höher als das anderer Städte war.
- Die Essener haben viel zu früh geboten und nicht genug, so dass sie einfach überboten werden konnten.
- Ja, es finden Bieterwettbewerbe, also Auktionen, seitens des Landes statt. Wer am meisten für das Landesprojekt in seiner Stadt tut, der bekommt den Zuschlag.
- Die Bochumer haben Erfahrung, den Zuschlag bei Hochschulen zu bekommen. So wurde bereits die Ruhr-Universität als erste Hochschule im Ruhrgebiet nach Bochum vergeben und nicht nach Dortmund, die seinerzeit auch laut geschrieen haben sollen.