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Grüne Windkrafteuphorie verursacht Millionenschaden

Bochum/Castrop-Rauxel – Nähert man sich der Stadtgrenze zwischen Bochum und Castrop-Rauxel ungefähr in Verlängerung der auf Bochumer Seite endenden Straßenbahnlinie 308/318 sieht man einen etwa 100m langen Schlot. Schaut man von Obercastrop über Gewächshäuser oder von Bochum-Gerthe aus über das Gewerbegebiet an der Dieselstraße, dann ist das auch das Erste, was einem nicht ortskundigen Durchreisenden einfällt. Bei wörtlich genommen näherer Betrachtung fällt auf, dass jegliches Gebäude dazu fehlt. Die abgestuften grünen Streifen am Boden geben den Schlot als Mast einer XXL-Windenergieanlage zu erkennen, bei der noch Getriebe, Generator und Rotoren fehlen.

Investitionsruine XXL Windkraftanalge
Es handelt sich um eine nicht fertig gestellte Windkraftanlage der Firma Godewimd, deren Bau inzwischen letztinstanzlich für unzulässig erklärt worden ist. Die Anlage steht mindestens 30m zu nahe an der nächsten Wohnbebauung, so der der Kläger. Eine Einigung über Entschädigungszahlungen ist bisher gescheitert. Die hinter der Firma stehenden Bauern werden den Turm voraussichtlich wieder abreißen müssen. Eine Sprengung kommt dafür infrage, wenn nicht noch deutlich teurer die 30m tiefen Fundamente ausgegraben werden müssen. Den Besitzern dieser Investitionsruine droht jedoch nicht der Ruin, denn die Errichtung der Anlage an eben dieser unzulässigen Stelle wurden von der Stadt Bochum und dem gemeinsamen Umweltamt der Städte Bochum, Dortmund und Hagen genehmigt. Als Teilnehmer am Gemeinsamen Kommunalen Schadensausgleich (KSA), einer Art Versicherung auf Gegenseitigkeit der teilnehmenden Gemeinden, müssen die drei Städte wie bei einer Autoversicherung ’nur‘ mit einer Erhöhung ihrer Beiträge rechnen. Am Ende ist es jedoch Geld der Steuerzahler, das hier über den KSA auf viele Kommunen verteilt verschwendet wurde. Als Ursache könnten Fehler von Mitarbeitern der Verwaltung(en) angesehen werde, die auch rechtlich den Schadensersatz gegenüber ihren Dienstherren, den drei Städten als Träger des gemeinsamen Umweltamtes, begründen. Die Geschichte wäre gewürzt mit einer stetig wachsenden Anlagengröße, wachsenden Rotoren- und Mastlänge und sich verschiebenden Standorzen. Politisch steht dahinter aber der seit Anfang der 1990er währende Wunsch der Grünen nach einer ‚eigenen‘ Windkraftanlage auf Bochumer Stadtgebiet. Auch Erkenntnisse der Verwaltung, dass im Bochumer Stadtgebiet keine geeignete Fläche vorhanden sei, hielten aufgrund der im Bochumer Rat bestimmenden rot-grünen Koalition nicht davon ab, immer wieder Gutachten zu beauftragen und zuletzt einen Standort in einem Winkel des Stadtgebiets als Standort zu forcieren, der fast schon Castrop ist und auch darüber zu erreichen. Diese Geschichte wird hier nachfolgend erzählt.

Die Grünen wollten unbedingt eine Windkraftanlage, auch wenn es keine geeignete Fläche gibt!
Anfang 2010 erzählt die Verwaltung der Stadt Bochum die Geschichte sicher beschönigend aber auch ausführlich in der Drucksache Nr. 20100054 (Hervorhebungen durch den Autor):

Der Standort der in der Errichtung befindlichen Anlage liegt innerhalb der (einzigen) Fläche, die im Bochumer Stadtgebiet für Windkraftanlagen in Frage kommt. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Arbeit und Wirtschaft hatte in seiner Sitzung am 11.12.1996 für die Erkundung von „Konzentrationszonen für Windkraftanlagen“ im Stadtgebiet von Bochum die Aufstellung der 86. Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) beschlossen. Der räumliche Geltungsbereich dieser FNP-Änderung beinhaltete das gesamte Stadtgebiet Bochums, um eine flächendeckende Standortsuche zu gewährleisten.

Zur Ermittlung geeigneter Flächen für die Windkraft-Nutzung im Stadtgebiet von Bochum wurde zunächst von der Ruhr-Universität Bochum eine „Windpotentialanalyse” erstellt. Die aus dieser Analyse hervorgegangenen Räume wurden für die Ermittlung geeigneter Standorte anhand von Kriterien (Gemeinsamer Runderlass von vier nordrheinwestfälischen Ministerien vom 29.11.1996) untersucht und mit den Darstellungen des Flächennutzungsplanes abgeglichen. Aus der erforderlichen Standortuntersuchung der Verwaltung resultierten vorerst sechs potentiell geeignete Standorte für Windkraftanlagen (WKA). 1998 wurde auf Basis dieser sechs Standorte die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (TÖB), die Abstimmung mit den Nachbargemeinde

(Stadt Castrop-Rauxel: keine Stellungnahme) und die Ämterbeteiligung durchgeführt. Standortrelevante Anregungen (Restriktionen) führten zu Flächenreduzierungen bzw. Aufgabe von Standorten.

Für die verbleibenden drei Standorte wurde vom damaligen Grünflächenamt eine Einschätzung des Landschaftsbildes erstellt, mit dem Resultat, dass lediglich mit dem Standort Nr. 5 „Südlich Castroper Hellweg/nördlich Bövinghauser Hellweg“ – als bedingt geeignet bewertet – das Bauleitplanverfahren mit der öffentlichen Auslegung weitergeführt werden sollte. Im Rahmen der im September/Oktober 1999 stattgefundenen vorgezogenen Bürgerbeteiligung mit dem verbliebenen Standort Nr. 5 sind keine Anregungen vorgetragen worden.

Aufgrund des räumlichen Zuschnitts dieser Fläche (maximale Breite ca. 200 m und Tiefe ca. 50 – 100 m ist davon auszugehen, dass auf dieser Fläche lediglich eine größere Windkraftanlage errichtet werden kann. Konzentrationszonen für WKA sollten aber generell mehrere Anlagen beinhalten (Windparks ab drei WKA), somit war die Darstellung einer Konzentrationszone in Bochum planungsrechtlich nicht begründbar, und das Verfahren zur 86. Änderung des FNP wurde nicht mehr fortgesetzt.

Auch wenn aus den v.g. Gründen die Darstellung von Konzentrationszonen im FNP nicht erfolgte, lässt sich aber auf der Grundlage der durchgeführten Untersuchung dennoch belegen, dass der Standort der genehmigten Windkraftanlage für die Errichtung einer solchen Anlage grundsätzlich geeignet ist.

Da es erklärtes Ziel der Stadt Bochum ist, die Nutzung regenerativer Energiequellen zu fördern, wie auch die vielfältigen Aktivitäten der Stadt im Bereich der Geothermienutzung belegen, soll auch die Nutzung von Windenergie an dem hierfür ausdrücklich geeigneten Standort nördlich des Bövinghauser Hellwegs ermöglicht werden. Der öffentliche Belang der Nutzung regenerativer Energien ist daher höher zu gewichten als die privaten Belange der im Umfeld liegenden Wohnbebauung. Ein Verzicht auf den Windkraftstandort am Bövinghauser Hellweg kommt daher nicht in Frage.

Soweit die Drucksache, die der Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes Nr. 908 (Bövinghauser Hellweg/Castroper Hellweg) dienen sollte, mit der mit neuem Planungsrecht der Genehmigungsfähigkeit der Anlage nachgeholfen werden sollte. Dieser Weg ist offenbar gescheitert. Der Plan wurde bis heute auch nicht durch die Verwaltung vorgelegt, für die es auch ein Ausweg aus der damals drohenden Haftung hätte sein können. Die Darstellung der Verwaltung ist mit wenig Phantasie die Geschichte zu entnehmen, wie der politische Wille die Errichtung zunächst eines Windparks und dann geschrumpft auf eine symbolische Windkraftanlage voran getrieben hat. Und die Grünen hätten sich sicher gefreut, städtische Grundstücke dafür zu verkaufen oder zu verpachten, denn es wäre ideologisch für sie sicher wunderbar, aus der ‚Grünen‘ Energie Einkünfte für die Stadt zu erzielen. Jetzt entsteht aus diesem Abenteuer ein Schaden von deutlich mehr als 1 Mio. €, denn zu den Kosten für eine solche Anlage kommen noch die Abrisskosten und die Kosten des Rechtsstreits.

Was sagen die Grünen dazu?
Im Kommunalwahlprogramm 2004-2009 von Bündnis’90/Die Grünen heißt es:

In der ersten Legislaturperiode der rot-grünen Koalition im Bochumer Rathaus haben wir einiges auf den Weg bringen können:

  • Dem Engagement der grünen Ratsfaktion ist es zu verdanken, dass die Stadt Bochum das Grundstück für eine Windkraftanlage in Gerthe verfügbar gemacht hat.

[…]

Für die nächste Legislaturperiode werden sich die Grünen der Umsetzung folgender Forderungen im Bereich des Politikfeldes Klimaschutz und Energie widmen:

  • Bereitstellung und Sicherung von Standorten zur Windenergienutzung in Bochum zum einen in Gerthe und zum anderen auf dem Tippelsberg nach Schließung der Deponie

Beim Tippelsberg kam es nicht dazu. Erfahrungen mit einer modellhaften Windkraftanlage auf der Halde Hoppenbruch in Herten zeigen mir, wie aufwendig und kostenintensiv es ist, ein stabiles Fundament in den aufgeschütteten Untergrund zu bekommen.

Das Abenteuer XXL Windkraftanlage Bochum-Gerthe endet im finanziellen Desaster hoher Schadensersatzansprüche, die aus Steuergeldern zu decken sein werden. Ein Betrag irgendwo zwischen einer und zwei Millionen Euro kommt da sicher zusammen. Die Endabrechnung wird’s zeigen. Die Interessen der Anwohner müssen hinter grüner Ideologie, die nach Windkraftanlagen auch vor der eigenen Tür hungert, hinten anstehen. Im Koalitionsvertrag zur rot-Grünen Minderheitsregierung finde ich dafür jetzt das Ziel, 2% der Landesfläche für Windkraftanlage auszuweisen. Ich hoffe, es wird denen klar, dass das in einem Ballungsraum wie der Metropole Ruhr schwierig ist.

Persönlich kann man sich beim Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bochumer Norden, Christian Schnaubelt, bedanken. Er hat sich immer wieder für eine Windenergieanlage auf der Fläche am Bövinghauser Hellweg ausgesprochen. Sogar mit dem nachträglichen Erlasse eines Bebauungsplanes wurde es versucht. Und wenn es nicht für eine Windkraftanlage reicht, dann müsste auf dieser Fläche zumindest eine Photovoltaikanlage oder ein kleineres (und damit nicht mehr wirtschaftliches? Windrad stehen. Auf Teufel komm raus, soll dort regenerative Energie gewonnen werden. Warum braucht da jemand so ein Spielzeug an genau dieser Stelle? Hoffentlich müssen nicht noch mehr öffentliche Gelder für weitere Gutachten verwendet werden.


Die WAZ hat zwischenzeitlich dazu berichtet: „Umstrittenes XXL-Windrad bei Bochum wird vermutlichngesprengt“ (Jürgen stahl, 02.02.2011)

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